SRH Klinikum Karlsbad-Langensteinbach

Die Querschnittlähmung – Ursachen, Diagnose, Therapie

Eine Querschnittlähmung ist eine lebensverändernde Erkrankung. Wir unterstützen Sie, weiterhin ein selbst bestimmtes Leben zu führen.

Bei einer Querschnittlähmung, oder Querschnittslähmung (ICD 10-Code: G82), kommt es zu Schäden am Rückenmark.

Das Rückenmark ist Teil des zentralen Nervensystems. Es tauscht Informationen zwischen dem Gehirn und den unterhalb des Kopfes liegenden Körperteilen aus. Darüber steuern wir mit Impulsen aus dem Gehirn zum Beispiel die Bewegung unserer Arme und Beine. Auch das Herz-Kreislauf-System, die Verdauung und bspw. das Wasserlassen kontrolliert das Nervensystem auf diesem Weg. Andersherum schicken die Körperstellen Signale über die Nervenstränge an das Gehirn – dadurch nehmen wir etwa Berührungen, Kälte und Schmerzen wahr.

Die Lähmung hängt von der beschädigten Stelle ab

Ist das Rückenmark an einer bestimmten Stelle geschädigt, werden die Signale dort unterbrochen und Körperfunktionen unterhalb des betroffenen Areals fallen ganz oder teilweise aus. Es können alle Nerven an der Stelle beschädigt sein oder auch nur ein Teil. Dementsprechend äußert sich auch die Lähmung komplett oder teilweise. Außerdem hängen die Folgen vom Ort des Schadens ab.

Im Notfall schnelle Diagnose und Behandlung

Menschen erleben vor allem nach Unfällen und Sportverletzungen Lähmungserscheinungen. Diese können mit einem Kreislaufschock sowie dem Versagen von Atmung und Herzschlag einhergehen, sind also ein absoluter Notfall. Ärzte klären zum Beispiel mit einer Magnetresonanztomografie (MRT), Bluttests sowie einer Untersuchung des Nervenwassers, ob eine Querschnittlähmung vorliegt und was die genauen Ursachen dafür sind.

Zunächst leiten Mediziner dann nötige Behandlungen ein, um das Überleben der Betroffenen zu sichern. Dazu können Operationen an der Wirbelsäule und eine vorübergehende künstliche Beatmung zum Einsatz kommen.

Ursachen für eine Querschnittlähmung

Über 40 Prozent der Erkrankungen der Wirbelsäule sind auf Infektionen, Tumoren, Metastasen oder entzündliche Erkrankungen des Zentralen Nervensystems zurückzuführen. Ein Großteil der jährlich etwa 1.500 Fälle an neuen Querschnittlähmungen, die jedes Jahr in Deutschland auftreten, gehen zudem auf Unfälle und Verletzungen, also auf Traumata, zurück. Mediziner sprechen dann von traumatischen Querschnittlähmungen. Relativ häufig sind dabei auch Fahrrad- und Motorradunfälle, Verletzungen beim Sport, zum Beispiel beim Skifahren, sowie Stürze aus größerer Höhe.

Brüche und Quetschungen an der Wirbelsäule, die durch diese Verletzungen auftreten, führen dann zu Schäden am Rückenmark. Nervenstränge werden abgeklemmt oder zerstört, die Kommunikation zwischen Gehirn und unteren Körperregionen eingeschränkt.

Auch Krankheiten verursachen Querschnittlähmungen

Doch auch verschiedene Erkrankungen können das Rückenmark angreifen und eine sogenannte nicht-traumatische (atraumatische) Querschnittlähmung verursachen. Das ist häufiger bei älteren Menschen der Fall – und tritt aufgrund der alternden Gesellschaft auch immer öfter auf. Gängige Ursachen sind etwa Tumoren, Durchblutungsstörungen des Rückenmarks und Infektionen sowie Autoimmunerkrankungen.

Lähmungen durch Multiple Sklerose

In vielen Fällen ist für nicht-traumatische Querschnittlähmungen die Multiple Sklerose (MS) verantwortlich. Bei der Autoimmunkrankheit beschädigt das eigene Immunsystem das Nervensystem. Im Laufe der Krankheit kann es passieren, dass der Körper auch das Rückenmark angreift und zerstört und so Lähmungen verursacht.

Plegie oder Parese

Eine Querschnittlähmung äußert sich auf unterschiedliche Weise – je nachdem, wo genau und wie stark das Rückenmark geschädigt ist. Stets treten dabei Lähmungen auf, sodass Menschen bestimmte Körperteile nicht mehr bewegen können und die Sensibilität nicht nur im betroffenen Bereich eingeschränkt ist. Das bedeutet aber nicht automatisch, dass Betroffene dort keine Schmerzen mehr empfinden.

Sind Teile der Nervenstränge noch intakt, ist auch die Lähmung inkomplett, dann sprechen Mediziner von einer Parese, bei der noch ein gewisses Maß an Funktionen überbleiben kann. In manchen Fällen können Menschen, die von einer Para- oder Tertaparese betroffen sind, also einer inkompletten Lähmung , sogar nach Behandlung und Rehabilitation wieder selbstständig laufen.

Paraplegie oder Tetraplegie (Parese)

Ist das Rückenmark im Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule beschädigt, tritt meist eine Lähmung beider Beine auf, eine Paraplegie (oder eine Paraparese). Betroffene können zum Beispiel ihre Beine nicht mehr bewegen sowie Stuhlgang und Wasserlassen nicht mehr kontrollieren.

Ein Querschnitt nahe der Halswirbelsäule bedeutet, dass eine Tetraplegie (oder eine Tetraparese) vorliegt. Dabei sind meist in der Regel Arme und Beine gelähmt, auch das Zwerchfell kann beeinträchtigt sein – Patienten müssen dann zusätzlich auch künstlich beatmet werden.

Vorübergehend oder dauerhaft

Sind Quetschungen, Durchblutungsstörungen oder andere Gefäßerkrankungen die Ursache für die Querschnittlähmung, lässt sie sich in bestimmten Fällen durch Operationen und andere Eingrigge zum Teil, jedoch in den seltensten Fällen vollständig beheben. In der Regel bleibt die Lähmung aber für lebenslang bestehen.

Langfristige Folgen einer Lähmung

Akut kann die Querschnittlähmung zum Versagen von Kreislauf und Atmung führen. Behandeln Ärzte sie rechtzeitig, geht sie meist nach etwa vier bis sechs Wochen in eine dauerhafte Querschnittlähmung über.

Lebenserwartung von Querschnittgelähmten

Betroffene sind auch mit den heutigen Möglichkeiten der Medizin nicht zu heilen, haben aber eine deutlich gestiegene Lebenserwartung. Nach Angaben der Techniker Krankenkasse verzeichnen Tetraplegiker, also Menschen mit einer Lähmung ab der Halswirbelsäule, nur eine um acht Jahre verringerte Lebenserwartung. Eine deutlich geringere Lebenserwartung haben Patienten, die dauerhaft auf Beatmungsgeräte angewiesen sind.

Lebenslage Folgen einer Querschnittlähmung

Das Leben eines Querschnittgelähmten geht mit einigen Einschränkungen und Begleiterscheinungen einher, die meist lebenslang bestehen:

  • Da Betroffene, vor allem bei Plegien, meist die Beine nicht mehr bewegen können, sind sie im Alltag auf einen Rollstuhl und andere Hilfsmittel angewiesen – zum Beispiel Treppenlifte und Haltegriffe im Badezimmer.
  • Menschen mit Tetraplegie oder Tetraparese können auch ihre Arme nicht mehr oder kaum bewegen und sind im Alltag auf Hilfe und Unterstützung angewiesen.
  • Die Sensibilität der betroffenen Bereiche geht verloren. Das bedeutet, dass Menschen dort keine Berührungen, Schmerzen und Temperaturen fühlen. Sie spüren auch nicht, wo sich ihre Beine (und gegebenenfalls ihre Arme) gerade befinden.
  • Gelähmte können häufig Darm und Blase nicht selbstständig entleeren. Sie benötigen z.B. einen Blasenkatheter und Maßnahmen zur regelmäßigen Stuhlentleerung. Zudem steigt dadurch das Risiko von Harnwegsinfekten.
  • Teilweise treten Schmerzen auf, zum Beispiel durch Verknöcherungen von Muskeln, Versteifung von Gelenken und Flüssigkeitsansammlungen im Rückenmark.
  • Es besteht eine erhöhte Gefahr für Druckgeschwüre auf der Haut („Wundliegen“).

Diagnose: Anamnese und Untersuchungen

Ist eine Erkrankung die Ursache der Querschnittlähmung, befinden sich Betroffene meist ohnehin schon in ärztlicher Behandlung, vor allem wenn schwere Leiden wie die Multiple Sklerose vorliegen. Hier beruht dann auch die Diagnosestellung auf bisherigen Erkenntnissen sowie detaillierten Untersuchungen der Wirbelsäule, zum Beispiel mit Magnetresonanztomografie (MRT).

Ist der Grund für die Lähmung eine Verletzung, klären Ärzte zunächst den Unfallhergang. Darauf folgen neurologische Untersuchungen. Sie überprüfen unter anderem die Reflexe, Beweglichkeit und Sensibilität von Armen, Beinen und Oberkörper. Außerdem untersuchen die Ärzte, ob Atmung, Herz, Darm und Blase noch einwandfrei funktionieren.

Bildgebende Verfahren und Liquorpunktion

Daraufhin schaffen bildgebende Verfahren mehr Klarheit. Auf Röntgenbildern können Ärzte Verletzungen an den Knochen erkennen. Eine Computertomografie (CT) zeigt Schäden an der Wirbelsäule, mit der Magnetresonanztomografie (MRT) erhalten Ärzte zudem Aufschluss darüber, an welchen Stellen das Rückenmark wie stark beschädigt ist.

In manchen Fällen stoßen Ärzte mit diesen Methoden noch nicht auf die Ursache der Querschnittlähmung. Dann entnehmen sie in der Regel in einer sogenannten Liquorpunktion Nervenwasser aus dem Wirbelkanal der Lendenwirbelsäule. Im Labor erkennen Fachleute dann Anzeichen für Blutungen und Entzündungen in der Flüssigkeit. Auch zusätzliche Blutproben können Hinweise darauf liefern, was die Lähmung verursacht.

Behandlung und Rehabilitation

Eine akute Querschnittlähmung ist ein lebensgefährlicher Notfall – schon wenn ein Verdacht darauf besteht, sollten Angehörige sofort einen Krankenwagen rufen. Auf der Intensivstation behandeln Ärzte unter anderem einen möglichen Kreislaufzusammenbruch. Sind innere Organe oder die Atmung betroffen, müssen sie, oft vorübergehend, deren Funktion ersetzen, zum Beispiel durch künstliche Beatmung. Über vier bis sechs Wochen bleiben die Patienten dann unter ärztlicher Beobachtung, meist in einer spezialisierten Klinik.

Operationen stabilisieren die Wirbelsäule

Wenn eine Verletzung die Querschnittlähmung verursacht, können manchmal Operationen Teile des Rückenmarks bewahren und später eine größere Beweglichkeit sichern. Chirurgen beheben etwa Quetschungen, indem sie Raumforderungen wie Knochenteile und Bandscheiben, die auf das Rückenmark drücken, entfernen. Liegt ein instabiler Bruch an der Wirbelsäule vor, können Ärzte ihn mit metallenen Schrauben und Platten fixieren und so die Wirbel stabilisieren.

Entzündungen und Schmerzen lindern

Wenn Entzündungen das Rückenmark beschädigen, beispielsweise aufgrund von Tumorerkrankungen, verabreichen Ärzte bestimmte Arten von Kortison. Je nach Ursache können auch andere Maßnahmen angebracht sein, zum Beispiel spezielle Medikamente bei Multipler Sklerose. Häufig treten auch heftige Schmerzen auf, die Ärzte mit entsprechender Medikation behandeln.

Rehabilitation: Leben mit der Lähmung

In der Rehabilitation, die in spezialisierten Zentren stattfindet und vier bis sechs Monate dauern sollte, lernen Betroffene, mit ihrer Querschnittlähmung zu leben. Dazu gehören der Umgang mit dem Rollstuhl ebenso wie mit Blasenkathetern sowie das richtige Liegen. Außerdem beginnen sie mit Physio- und Ergotherapie, um noch funktionierende Muskeln zu stärken und die Beweglichkeit zu verbessern. Menschen mit Tetraplegie oder Tetraparese erhalten zudem häufig gezielte Atemtherapie. Vor allem viele jüngere Menschen mit Paraplegie oder Paraparese können dann nach einiger Zeit selbstständig den Alltag bestreiten.